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Diane Shisk

 

Die Rolle von Weißen beim Beenden von Rassismus

- United to End Racism

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Rassismus widerspricht der ursprünglichen Natur des Menschen. Wenn wir geboren werden, fühlen wir uns tief mit allen anderen Menschen verbunden. Bevor wir selbst das erste Mal verletzt werden – gedemütigt, ignoriert, bedroht, geschlagen, kritisiert, alleingelassen und so weiter – wollen wir, dass alle Menschen gut behandelt werden. Niemand, auch ein weißer Mensch nicht, würde sich rassistisch verhalten oder an der rassistischen Unterdrückung beteiligen, wäre er oder sie nicht vorher selbst verletzt worden. Einmal verletzt, sind wir jedoch anfällig dafür, andere zu verletzen – indem wir Teil von unterdrückerischen Systemen sind oder als Individuum andere unterdrücken.

In einer unterdrückerischen Gesellschaft gibt es nur wenige Menschen, die nicht in dem Ausmaß verletzt werden, dass sie ängstlich werden und sich selbst nicht mehr mögen. Und genau in dem Moment, wenn wir ängstlich sind und uns selbst nicht genug wertschätzen, sind wir am empfänglichsten für rassistische Botschaften.

In einer rassistischen Gesellschaft werden wir ständig mit rassistischen Botschaften und Praktiken konfrontiert – in der Familie, bei Freunden, im Bekanntenkreis, in Schulen, in den Medien und vielen anderen Institutionen. Niemand, der in solch einer Umgebung aufwächst, kann sich diesen Einflüssen entziehen. So wird der Rassismus der Gesellschaft in jeden Weißen eingepflanzt. Dieser Mechanismus läuft ab, egal wie stark oder lange wir ihm aktiv widerstehen.

Weiße als Ausübende von Rassismus

Durch die Schmerzerfahrungen, die sie sammeln, sind die Weißen darauf konditioniert, die Rassismuslügen zu akzeptieren und rassistische Gefühle in sich zu tragen. Einige Weiße hinterfragen diese Gefühle nicht mehr und sie äußern sich in ihrem Handeln auf hasserfüllte und unterdrückerische Art und Weise. Andere Weiße lehnen die Inhalte rassistischer Botschaften intellektuell ab und versuchen, Menschen die von Rassismus betroffen sind, mit Respekt und als Gleiche zu behandeln. Doch auch wenn diese Weißen den von Rassismus betroffenen Menschen mit bestem Willen entgegenträten oder sich aktiv im Kampf gegen den Rassismus engagierten, würden rassistische Einstellungen (unberechtigte Ängste, der Wunsch dazu zu gehören, Gefühle der Überlegenheit) von Zeit zu Zeit an die Oberfläche gespült werden und müssten von uns bekämpft werden, damit wir stets nach unserem besten Denken handeln können.

Wir Weißen können kaum anders, als uns nach dem Beispiel des Rassismus zu verhalten, den wir miterlebt haben. Manchmal wird es subtil und unbewusst geschehen, manchmal offensichtlich und auffällig.

Rassismus ist eine Schmerzerfahrung für Weiße

Rassismus beeinträchtigt das Leben der Menschen, die davon betroffen sind, beträchtlich. Rassismus ist aber ebenso eine Schmerzerfahrung für die Weißen unter uns. (Dies trifft auf jede Gruppe zu, die eine andere unterdrückt). Die Schmerzerfahrung für Weiße ist kein Vergleich mit dem, was den Menschen zugefügt wird, die Zielscheiben des Rassismus sind, aber es beschädigt unsere Menschlichkeit und verstärkt das Gefühl, uns schlecht über uns selbst zu fühlen. Wenn wir uns nicht offen gegen Rassismus aussprechen, erschüttert es unsere Integrität und untergräbt unseren Sinn für unser menschliches Gut-Sein und unseren Selbstwert.

Weiße sondern sich von der Mehrheit der Weltbevölkerung ab, wissen wenig über sie und ihnen fehlt der Bezug zum Leben einer reichen Vielfalt von Menschen. Rassismus erschwert auch die Beziehungen zwischen Weißen – wir möchten nicht mit „diesem Rassisten“ oder mit „jenem Liberalen“ in einen Topf geworfen werden. Die Existenz von Rassismus nimmt uns die Hoffnung darauf, Rassismus tatsächlich zu überwinden und eine gerechte und gleichberechtigte Gesellschaft zu erschaffen.

Weiße beenden Rassismus und Heilen von den Schmerzerfahrungen des weißen Rassismus

United to End Racism und Neubewertungscounseling haben wertvolle Erfahrungen und Werkzeuge, derer sich Weiße bedienen können, die Rassismus beenden wollen. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass jede „Täterrolle“ (die Rolle, die von einer Person ausagiert wird, die daran gewöhnt wurde, zu unterdrücken) dadurch ausgelöst wird, dass Menschen tief verletzt werden. Das unterdrückerische Verhalten der Weißen entsteht aus einer tiefen emotionalen Verletzung. Um uns von Rassismus zu befreien, ist dementsprechend für uns Weiße eine anhaltende Arbeit mit den Gefühlen gefordert. Als Vorraussetzung für eine gerechte Gesellschaft müssen wir Weißen uns nicht nur umfassend über Rassismus informieren und aktiv werden, ihn zu beenden, sondern wir müssen ebenso von dem Schaden genesen, der dadurch entstanden ist, dass wir dem Rassismus ausgesetzt sind und selbst daran teilgehabt haben.

United to End Racism hat die Erfahrung gemacht, dass diese Gefühlsarbeit effektiv geleistet werden kann, indem Weiße sich gegenseitig zu zweit oder in Gruppen zuhören. Für die Weißen unter uns ist es wichtig, die Geschichten über den Rassismus in unserem Leben zu erinnern und zu erzählen und sich dabei gegenseitig zu unterstützen, die in diesen Geschichten verborgenen intensiven Gefühle zuzulassen. Diese Geschichten können frühe Erfahrungen mit Rassismus beinhalten, rassistische Lügen, die uns erzählt wurden. Es kann sich darum drehen, wie wir selbst rassistisch gehandelt haben, und um die rassistischen Einstellungen der Menschen, die uns nah waren. Genauso aber auch um Erfolge, die wir bei der Bekämpfung des Rassismus hatten.

Um diese Arbeit zu tun, brauchen wir Weißen einen Raum, in dem wir offen über Rassismus reden können, ohne dafür bestraft oder beschämt zu werden. Eine Umgebung, in der wir ganz sicher sind, dass sich jemand um uns kümmert und uns respektiert. Unter diesen Gegebenheiten können wir uns daran erinnern und davon erzählen, was uns hinsichtlich Rassismus passiert ist und die schmerzhaften Gefühle dieser Erfahrungen entlasten. Und wir müssen lernen, diese Arbeit unter uns Weißen gegenseitig zu tun. Es ist die Aufgabe von Weißen, nicht der Menschen, die von Rassismus betroffen sind, beides zu tun: Weiße daran zu hindern, Rassismus immer aufs Neue wiederzubeleben und anderen Weißen dabei zu helfen, unsere Verletzungen zu heilen.

Durch die Entlastung von Gefühlen ist es Weißen möglich, neu über diese Erfahrungen nachzudenken. Wir werden Verbündete für die von Rassismus Betroffenen in ihrem Bemühen, davon zu geheilt zu werden, in einer rassistischen Gesellschaft gelebt zu haben. Während wir uns selbst von den Auswirkungen des Rassismus befreien, machen wir effektive Schritte in die Richtung, Rassismus zu beenden, was wiederum unser Leben unermesslich reicher macht.

Weiße als Verbündete für Menschen, die von Rassismus betroffen sind

Ein wichtiger Schritt, um Rassismus und andere Unterdrückungen zu beenden, ist, Verbindungen zwischen denen zu knüpfen, die von der Unterdrückung betroffen sind und denjenigen, die nicht zu dieser Gruppe gehören. Um Rassismus zu beenden, müssen starke Verbindungen zwischen Gruppen von Menschen entstehen, die von Rassismus betroffen sind und zusätzlich zu Weißen, die sich dafür engagieren, Rassismus zu beenden. Diese weißen Verbündeten sind Menschen, die sich entschieden haben, für die Befreiung aller vom Rassismus Betroffenen zu arbeiten. Wir, Weiße in dieser Verbündeten-Rolle, zeigen durch unsere Worte und Taten, dass wir die Ziele und Visionen der Gruppe unterstützen, die von Rassismus betroffen ist, und dass wir eng mit ihnen zusammenarbeiten. Bei United to End Racism haben wir viel darüber gelernt, wie man diese Bündnisse aufbaut und wie Weiße wirkungsvolle Verbündete werden können.

Schritte, ein weißer Verbündeter zu werden

Es gibt Vieles, was Weiße als Verbündete gegen Rassismus tun können. Unter anderem:

  • Sichtbar Position gegen alle Formen von Rassismus beziehen, dadurch, dass man sowohl Anti-Rassismus-Organisationen unterstützt, die von Menschen geleitet werden, die von Rassismus betroffen sind, als auch dadurch, dass man unabhängig davon als Weißer gegen Rassismus eintritt.
  • An unserem eigenen Rassismus arbeiten und ihn beenden. Und die Situationen heilen, an denen wir nichts gegen Rassismus gesagt und uns passiv verhalten haben.
  • Sich gegen eine Auswirkung von Rassismus stellen, indem man Betroffene an die Wichtigkeit ihrer Beziehungen zueinander erinnert und daran, dass sie gut, intelligent und kompetent sind.
  • Aktiv nach korrekten Informationen suchen und davon heilen, dass wir unaufmerksam und uninformiert waren.
  • Langfristige Freundschaften mit Menschen aufbauen, die von Rassismus betroffen sind, und die rassistischen Botschaften von Trennung, Verschiedenartigkeit und Angst durchbrechen.
  • Gruppen von weißen Verbündeten aufbauen und schulen, die sich dafür engagieren, Rassismus zu beenden, dadurch dass sie andere Weiße von den Schädigungen durch den Rassismus heilen.
  • Verständnis dafür entwickeln, dass es uns selbst weiterbringt, ein Verbündeter gegen Rassismus zu sein, weil es uns unsere ganze Menschlichkeit wiedergibt sowie eine Welt, die gerecht für jeden ist und in der alle gleich wichtig sind.

Weiterführende Informationen über Weiße, die die Auswirkungen von Rassismus heilen, findest Du in der Broschüre "Working together to End Racism", eine Publikation von United to End Racism.

Übersetzt von Dörte Feger und Inka Schwand, August 2008

 


Last modified: 2019-05-02 14:41:35+00